Kradolf liegt an der Thur, und zwar an der Stelle, wo der zuvor ungezähmte Fluss in die Ebene tritt und in ein künstliches Bett geleitet wird. Früher hatte das Wasser willkürlich seinen Weg gesucht und der Bevölkerung mit seinen Überschwemmungen immer wieder grosse Not gebracht, wobei die letzte, grosse Überflutung des Landes jene des Jahres 1910 war. Heute schützt ein Hochwasserschutzdamm die Häuser in Kradolf und Schönenberg vor der Überflutung. Die überaus enge Beziehung zur Thur findet denn auch ihren Ausdruck im Ortswappen von Kradolf und auch dem neuen Gemeindewappen.
Kradolf – einst Chreinthorf, dann Kralaff genannt – wird erstmals im Jahre 883 urkundlich erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit hiesigen Besitzungen des Klosters St. Gallen. Später gehörte das Dorf den Herren von Schönenberg, einem bedeutenden Adelsgeschlecht in unserer Gegend. Der oberste Lehnsherr des Thurgaus, der Bischof von Konstanz, fasste im Jahre 1360 Kradolf und die benachbarten Dörfer Schönenberg und Neukirch zum niederen Gerichtsbezirk «Schönenberger Amt» zusammen und übertrug die Verwaltung dem Obervogt von Bischofszell.
Seit dem Mittelalter wurde in Kradolf eine Mühle betrieben, zeitweise waren es sogar zwei. Einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung erfuhr das Dorf erst im späten 19. Jahrhundert, nachdem es mit der Eröffnung der «Bischofszeller Bahn» im Jahre 1876 einen Bahnanschluss erhalten hat. Viele Bewohner wandten sich nun der Textilindustrie zu, wobei neben der Seidenstickerei im eigenen Hause vor allem die 1863 gegründete Seidenstoffweberei Schönenberg als erstrangiger, regionaler Arbeitgeber Bedeutung erlangte. Nicht zuletzt deshalb wurde im Jahre 1873 der Fährbetrieb über die Thur durch eine erste Brücke ersetzt, die ihren Dienst rund fünfzig Jahre lang tat; in den Jahren 1926/27 erfolgte dann ein Brückenneubau und im Jahre 1998 konnte die neue Schrägseilbrücke, das heutige Wahrzeichen der Gemeinde Kradolf-Schönenberg eingeweiht werden.
Die ältesten fabrikmässigen Betriebe in Kradolf waren die Teigwarenfabrik Ernst und die Töpferei im Neuhaus. Mit 75 Beschäftigen in Kradolf ist die Zahnradfabrik Humbel AG heute der zweitgrösste Arbeitgeber in der Gemeinde. Zusammen mit den Niederlassungen in Tschechien, Rumänien und Thailand ist die Humbel AG heute mit 330 Mitarbeitern die grösste Unternehmung der Gemeinde.
Heute ist Kradolf mit seinen 1‘567 Einwohnern die grösste Ortschaft der Gemeinde Kradolf-Schönenberg.
Eine etwas ausführlichere Darstellung der Geschichte von Kradolf findet sich in der Festschrift zur 1100-Jahrfeier im Jahre 1983 «Kradolf – unser Dorf an der Thur».
Guido Stutz, ehemaliger Sekundarlehrer, hat im Jahr 2022 ein neues Buch von «Kradolf in Geschichte und Geschichten» verfasst. Es entführt uns in die Geschichte von Kradolf und erzählt dabei Geschichten über Persönlichkeiten, Unternehmer, Unternehmen und vieles mehr.
Das reich bebilderte Buch ist bei der Gemeindeverwaltung Kradolf-Schönenberg zu einem Unkostenbeitrag von CHF 20.00 erhältlich.